Bauhausgebäude, Dessau

Walter Gropius, 1926

Am 4. Dezember 1926 kamen mehr als 1.000 Gäste aus dem In- und Ausland sowie 100 Vertreter der größten deutschen Zeitungen in die mitteldeutsche Industriestadt Dessau. Dort wurde mit einem zweitägigen Festakt das neue Bauhausgebäude eröffnet – ein Wahrzeichen des Neuen Bauens und eines der bedeutendsten Bauwerke des 20. Jahrhunderts.

Bauhaus-Archiv Berlin / © VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Das Bauhausgebäude in Dessau von Nordwesten, Architektur: Walter Gropius / Foto: Lucia Moholy, 1926.

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Als am Gründungsort Weimar der politische Druck auf das Bauhaus wuchs, erklärten die Bauhaus-Meister Weihnachten 1924 die Auflösung des Bauhauses. Mehrere Städte bewarben sich daraufhin das Bauhaus aufzunehmen, darunter Mannheim und Frankfurt am Main. Die Entscheidung fiel auf die damals etwa 70.000 Einwohner zählende aufstrebende Industriestadt Dessau. Hier unterstützte der damalige Oberbürgermeister Fritz Hesse den Bau eines neuen Schulgebäudes und stellte im Westen der Stadt dafür ein freies Grundstück zur Verfügung.

Schon im Frühjahr 1925 zog das Bauhaus von Weimar nach Dessau um. Zur gleichen Zeit begannen auch die Planungen für das neue Schulgebäude. Der Unterricht fand zu dieser Zeit an verschiedenen Orten in der Stadt statt. Im privaten Baubüro Gropius überwachte Ernst Neufert den Bau. Schon im März 1926 wurde der Rohbau fertiggestellt. Am 1. September 1926 konnten bereits das Atelierhaus und wenige Wochen später auch die übrigen Räume bezogen werden.

Den einzelnen Funktionen – Werkstatt, Wohnen, Schule etc. – waren einzelne Baukörper zugeordnet. Vom Werkstattgebäude mit den Lehrräumen des Bauhauses führte eine Brücke mit Räumen für die Verwaltung, die Bauabteilung und das private Baubüro Gropius hinüber zum Schulgebäude für die Technische Lehranstalt. In andere Richtung stellte der flache Bau mit der Aula, dem Bühnenraum und der Mensa einen Übergang zum Ateliergebäude für die Studierenden her. „man muss rund um diesen bau herumgehen, um seine körperlichkeit und die funktion seiner glieder zu erfassen.“ schrieb Gropius später in Ausgabe 12 der Bauhausbücher zu den Dessauer Bauten. Diese Körperlichkeit ließ sich in ihrer Gesamtheit vor allem aus der Vogelperspektive erfassen. Schon in der ersten Ausgabe der Zeitschrift bauhaus, die anlässlich der Eröffnung 1926 erschien, begleitete eine solche Luftaufnahme den Beitrag zum neuen Bauhausgebäude.

So ungewöhnlich wie die Sicht aus der Vogelperspektive, war für die damalige Zeit aber auch das Gebäude selbst mit seiner glatten, weiß verputzten Fassade sowie den Materialien Stahlbeton und Glas. Letzterem versprach Gropius aufgrund „seiner edlen eigenschaft“ und seiner „leichten, schwebenden, wesenlosen stofflichkeit“ dann auch „die liebe der modernen baumeister“ und eine unbegrenzte Anwendung. Am Abend der Eröffnung wurde das Gebäude für die staunenden Besucher dann auch entsprechend in Szene gesetzt. „Alle Räume waren zur Eröffnung taghell erleuchtet und bildeten einen weithin sichtbaren erleuchteten Kubus, der nur durch das Metallgerüst der Außenhülle begrenzt war“, erinnert sich ein Bauhäusler. Das Fest dauerte bis in die Morgenstunden an.

Doch nicht von allen Seiten wurde das Bauhaus positiv aufgenommen. Wenige Jahre später verschärfte sich auch in Dessau der politische Druck und Anhänger der NSDAP forderten sogar den Abriss des Bauhausgebäudes – erreichten damit jedoch keine Mehrheit. Im März 1945 brannte das Gebäude bei einem Angriff komplett aus. Seit 1972 steht das Bauhausgebäude unter Denkmalschutz und wurde daraufhin das erste Mal umfassend restauriert – seit 1996 ist es Teil des UNESCO-Welterbes Bauhaus.

[NO 2017]

  1. Literatur:
  2. Nerdinger, Winfried (1985): Der Architekt Walter Gropius, Berlin/Cambridge.
  3. Giedion, Sigfried (Neuausgabe 2015): Raum, Zeit, Architektur, Basel.
  4. Gropius, Walter (1930): bauhausbücher 12. bauhaus bauten dessau, München.
  5. Gropius, Walter (1926): bauhaus-chronik und bauhausneubau dessau, in: bauhaus 1, Dessau.
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