Wirkungsänderung durch Größenänderung

Friedrich Reimann, 1932

Friedrich Reimanns Variation der Zahl 2 war seine Lösung zu einer von 52 Aufgaben, die Joost Schmidt um 1930 für den Unterricht in der Reklameabteilung entwickelte.

Bauhaus-Archiv Berlin / © Margareta Raabe, Nachlass Friedrich Reimann
„Wirkungsänderung gleichgeformter Elemente durch Größenänderung“, Unterricht Joost Schmidt Reklameabteiteilung, Friedrich Reimann, 1932.

text

Friedrich Reimann kam im Sommer 1931 ans Bauhaus Dessau und begann nach dem Besuch des Vorkurses seine Ausbildung in der Druck- und Reklamewerkstatt bei Joost Schmidt. Dieser hatte nach dem Weggang von Herbert Bayer 1928 die Leitung der Werkstatt übernommen und mit der Entwicklung eines systematischen Unterrichts begonnen. Dazu zählte eine Serie von 52 Aufgaben, für die Schmidt „am Anfang des Kursus geometrische Grundformen vor(gab), später Zeitungsausschnitte wie Raster und Bild, die zueinander geordnet werden soll(t)en, in Beziehung zur Fläche oder zur Größe, zur Farbe oder zum Material gesetzt und vor allem: miteinander in Kontrast gestellt werden soll(t)en.“ (Brüning 1995, S. 217) Für die einzelnen Aufgaben mussten die Studierenden verschiedene Lösungen erarbeiten. Diese wurden in gleich großen Zeichenflächen meist auf einem Zeichenblatt nebeneinandergestellt und waren so in ihrer unterschiedlichen Wirkung direkt miteinander vergleichbar.

In der hier abgebildeten Lösung zu Aufgabe Nr. 32 war die Zahl 2 gegeben. Diese variierte Reimann in den neun quadratischen Zeichenflächen in ihrer Größe, Position, Form, Farbe und setzte sie in Beziehung zu einem Kreis, als zweitem Element. In der Gegenüberstellung von Reimanns neun Varianten dieser Aufgabe wird direkt vergleichbar, wie beide Elemente zusammen oder einzeln gelesen werden, wie sie miteinander verschmelzen oder ein Element in der Wahrnehmung hinter das andere zurücktritt.

Eine Zusammenstellung der 52 Aufgaben aus dem Reklameunterricht von Joost Schmidt hat Ute Brüning für den Band 1 der Neuen Bauhausbücher „bauhaus kommunikation“ (Rössler 2009) erarbeitet. Dort sind den Lösungsblättern der Studierenden – viele davon stammen von Friedrich Reimann – die damaligen Aufgabenstellungen und Aufgabenformulierungen von Joost Schmidt gegenübergestellt. Schmidt überarbeitete seine Unterrichtsaufgaben im Laufe der Jahre mehrfach und passte sie immer wieder neu an. Als das Bauhaus Ende 1932 nach Berlin umzog, war Joost Schmidt nicht mehr unter den Lehrenden, die in diesen letzten Monaten vor der Schließung des Bauhauses weiterhin dort unterrichteten. Friedrich Reimann setzte sein Studium in Berlin fort und erhielt am 1. April 1933 das Bauhaus-Diplom Nr. 117 der Reklameabteilung – nur wenige Tage bevor die Gestapo das Bauhaus in Berlin durchsuchte und versiegelte.

[NO 2018]

  1. Literatur:
  2. Brüning, Ute (2009): Joost Schmidt: ein Curriculum für Werbegrafiker, in: Rössler, Patrick (Hg.): bauhaus kommunikation. Innovative Strategien im Umgang mit Medien, interner und externer Öffentlichkeit, Neue Bauhausbücher, neue Zählung Band 1, hrsg. vom Bauhaus-Archiv Berlin, Berlin.
  3. Brüning, Ute / Bauhaus-Archiv Berlin (Hg., 1995): Das A und O des Bauhauses, Bauhauswerbung: Schriftbilder, Drucksachen, Ausstellungsdesign, Leipzig.
  4. Marzona, Egidio und Fricke, Marion (Hg., 1984): Joost Schmidt. Lehre und Arbeit am Bauhaus 1919–32, Edition Marzona, Düsseldorf.
Zum Seitenanfang